Magische Momente im Mittelalter
Von Gerlinde Wicke-Naber – Stuttgarter Zeitung
Sindelfingen – Es ist die Mischung aus perfekter Open-Air-Kulisse, historischen Kostümen und ausgeklügelter Lichttechnik, die dem „Sindelfinger Jedermann“ eine ganz spezielle Aura verleiht. Wie die Gemälde alter Meister wirken viele Szenen vor der romanischen Martinskirche, wo das Stück am Freitagabend uraufgeführt wurde. Und diese magischen Bilder, die das Mittelalter lebendig werden lassen, bleiben dem Zuschauer noch lange im Kopf. Der Berliner Dramaturg Kai O. Schubert hat das Stück, eng angelehnt an die Stadtgeschichte, speziell für die Sindelfinger geschrieben. Verortet hat der Autor die Story im Jahr 1146 im damaligen Zentrum Sindelfingens – am Chorherrenstift. Da kommt natürlich auch die Theologie nicht zu kurz: Gott persönlich tritt auf und hat gleich drei teuflische Gegenspieler. Die Parteien schließen eine Wette ab: Schafft es der Chorherr Sindhold, sich aus der gewohnten Unterwerfung unter die Obrigkeit zu lösen und seinem eigenen Gewissen zu folgen? 80 Mitwirkende, darunter viele Laien und Kinder, stehen unter der Regie von Frank Martin Widmaier auf und hinter der Bühne. Der alle überragende Darsteller ist der 19 Jahre alte Daniel Dietrich. Er ruft als fanatischer Priester Gerard so überzeugend zum Kreuzzug gegen alle Andersdenkenden auf, dass es vielen Zuschauern eiskalt über den Rücken lief. Verbesserungswürdig ist allerdings noch die Tontechnik, die bei der Premiere etliche Störungen verursachte. Das Publikum – 340 Zuschauer verfolgten bei bestem Sommerwetter das Spektakel – war trotzdem begeistert. Bis zum 2. August gibt es insgesamt zwölf Vorstellungen, freitags und samstags um 21 Uhr, sonntags beginnt die Aufführung um 18 Uhr. Karten können beim I-Punkt am Sindelfinger Marktplatz bestellt werden (0 70 31/9 43 25). (wi) Foto: factum/Granville